Narrenmärsche
Mit Pauken und Trompeten
Quelle: Wulf Wager; Dieser Auszug aus dem Artikel „Musik und Tanz in der Fasnacht“ findet sich ungekürzt im Buch: „Die Geschichte der organisierten Fasnacht“, herausgegeben von der Vereinigung Schwäbisch-Alemannischer Narrenzünfte, ISBN 3-927677-17-5.
Neben der Maskierung und Vermummung ist die Musik, und auf ihr basierend der Tanz, das dritte wichtige Element, das im Narren geradezu einen „mentalen Ausnahmezustand“ hervorruft. Musik vermag Stimmungen und Gefühle zu entfachen und zu verstärken. Insofern ist Musik kaum rational zu erklären. Jeder empfindet sie anders. Rufen wir uns doch in Erinnerung, welche Empfindung man verspürt, wenn beispielsweise am Heiligen Abend das Lied „Stille Nacht, heilige Nacht“ gesungen, oder wenn bei einer Beerdigung das Lied „Ich hatt‘ einen Kameraden“ geblasen wird. Ähnlich stark ist bei manchen Menschen die Empfindung, wenn nach fast einem Jahr zum ersten Mal wieder der Narrenmarsch erklingt. „Da läuft einem innerlich eine Träne hinunter“, so hat mir gegenüber einmal ein befreundeter Narr diesen Gemüts-zustand beschrieben.
Mit der Erfindung des Ventils für die Trompete, entwickelten sich ab der Mitte des 19. Jahrhunderts kleine Blasbesetzungen mit 4 – 9 Mann. Diese kleinen Besetzungen spielten bei allen gesellschaftlichen Anlässen auf. Sei es nun die Fronleichnamsprozession, die Hochzeit, die Kirbe, die Investitur eines neuen Pfarrers oder eben an der Fasnet und auf dem Tanzboden. Für die größer gewordenen Orchester, die in den letzten beiden Jahrzehnten des 19. Jahrhunderts und um die Jahrhundertwende die Mannschaftsstärke von 25 – 40 Personen erreichten, komponierte man nun erstmals spezielle „Narrenmärsche“.
Interessant scheint in diesem Zusammenhang aber, daß bereits um 1840 Carl Zulehner den Mainzer „Narrhallamarsch“ komponierte. An dieser Melodie haben sich auch einige der schwäbisch-alemannischen Narrenmarschkomponisten orientiert.
Einer der ersten Narrenmärsche im südwestdeutschen Raum (wahrscheinlich der erste überhaupt) entstammt der Feder von Heinrich von Besele. Es handelt sich um den „Rottweiler Narrenmarsch“, der 1882 erstmals in Rottweil aufgeführt wurde. Der Marsch wurde zwar stürmisch bejubelt, geriet aber danach fast 30 Jahre in Vergessenheit. Erst 1911 entdeckte ihn der damalige Musikdirektor Sander neu, arrangierte ihn für Militärmusik und spielte ihn erstmals beim Narrensprung mit der Stadtkapelle. Davor spielte man aber in Rottweil den sogenannten „Altjägermarsch“, den „Marsch der Freiwilligen Jäger“ aus den Befreiungskriegen 1813 -1815. Die gleiche Melodie wird mancherorts zur Fasnet auch heute noch gespielt. So ist sie auch in Kiebingen und Meersburg als Narrenmarsch anzutreffen. Auch in Elzach erklingt der „Alte Jägermarsch“, wenn am Fasnachtsdienstag der „,Latschari“ gefangen wird.
Im Laufe der Jahre sind viele neue Narrenmärsche enstanden und kaum ein Narrennest ist ohne „seinen“ Narrenmarsch, 1939 erlebte der Rottenburger Narrenmarsch von Musikdirektor Karl Bengel seine Uraufführung. Viele örtliche Komponisten folgten und kreierten Narrenmärsche. Auch viele Militärmusiker setzten hier Impulse. Der Haigerlocher Bräutelmarsch ist der „Ludwigmarsch“. Derselbe Marsch wird am Schmutzigen Donnerstag beim Pflugumzug in Fridingen als „Ludimarsch“ gespielt.
Einer der fleißigsten zeitgenössischen Narrenmarschkomponisten und -arrangeure, ist der Stuttgarter Blasmusikkomponist Alfred Kluten. Von ihm stammen zum Beispiel die Narrenmärsche aus Bad Cannstatt und Riedlingen, der alte Tanz der Honrigen Bären und Hansele aus Singen, das Aulendurfer Narrenbaum-Lied, der Dürrheimer Hanseletanz, der Waldkircher Bajasstanz und andere. Außerdem hat Kluten sämtliche Narrenmärsche der Vereinigung schwäbisch-alemannischer Narrenzünfte, die in einer Notenmappe zusammengefaßt wurden, neu arrangiert und überarbeitet.
Für die Einheimischen hat ihr Narrenmarsch einen ausgesprochen hohen Identifikationswert. Er löst meist starke Emotionen aus, die von sentimentalen Heimwehgefühlen bis zu lautstarkem Lokalpatriotismus und völliger Ausgelassenheit reichen können. Durch die andauernde Wiederholung des Marsches in kurzen Abständen, setzt sich die Melodie im Unterbewußtsein des Zuhörers fest. Noch Stunden und Tage nach einem Narrensprung, Umzug oder gar nach dem Aschermittwoch, spielt sich die Melodie in das Gedächtnis.
CD’s der Vereinigung
Eine Vielzahl unserer Narrenmärsche findet sich auf der ersten CD der Vereinigung Schwäbisch- Alemannischer Narrenzünfte, die 1998 entstanden ist, wieder.
Dies sind die Narrenmärsche von:
- Bad Cannstatt(Küblermarsch) – M. + Arr.: Alfred Kluten 1960
- Haigerloch (Bräutelmarsch) „Ludwigsmarsch“ – M.: H. Mehnert Arr.: Alfred Kluten
- Obernheim (Hexenmarsch) – M. Hugo Herrmann 1938 Arr.: Alfred Kluten
- Schömberger Narrenmarsch – M. + Arr.: Trad. vor 1900
- Kiebingen (Alter Jägermarsch) – M. + Arr.: Trad. 1813
Auf der zweiten CD, veröffentlicht 2002, befinden sich weitere Narrenmärsche aus der Landschaft:
- Hechinger Narrnmarsch – M. + Arr.: Gustav Müller 1939
- Hirrlinger Fasnetsmarsch – M. Karl Bengel / Eugen Domhan 1964 Arr.: Alfred Kluten
- Rottenburger Narrenmarsch – M. Karl Bengel 1939 Arr.: Alfred Kluten
- Wehinger Narrenmarsch – M. + Arr.: Adolf Angst 1952
- Wellinger Narrenmarsch – M. Gustav Lotterer 1954 Arr.: Reinald Riede
- Wilflinger Narrenmarsch – M. + Arr.: Alfred Kluten 1970
Ein Großteil der Narrenmärsche für beide CD’s wurde von dem Musikverein „Lyra“ Obernheim eingespielt.
Die CD’s sind im Shop der Vereinigung Schwäbisch-alemannischer Narrenzünfte zu beziehen: http://www.shop.vsan.de/
Landschaftslied
auf die Melodie „Schwarzwaldmarie“; Beim Landschaftstreffen im Jahr 2008 in Wehingen hatte unser „Landschaftslied“ seine Premiere.
D´Landschaft Neckar-Alb find i guat, des isch a Fasnet, die goht dir i´s Bluat
D´Landschaft Neckar-Alb find i guat, ja da zieh ich den Huat.
1. Butzenzunft Kiebingen Aus Kiebenga die Butzen mit ihrem bunten Kleid dazu gehört der Teufel des wisset älle Leut In Kiebenga ab Lichtmess so isch des alter Brauch Gehet d´Leut end Häuser Maschgra gau ond füllet ihren Bauch. 2. Narrenzunft Wellendingen Die Wellendinger Narren, mit Storch und dem Brautpaar Die bringet kleine Narren, des isch doch wunderbar Vom Nachbarort geachtet, ja fast sogar geliebt Oh wie ist das Schön, oh wie ist das schön dass es so was heut noch gibt. 3. Butzenzunft Hirrlingen Gar überall Willkommen, aus Hirrlingen ja klar Sind d’Butzenzunft samt Hexen, die ganze Narrenschar Sie „häben“ ein Fanfarenzug, der schöne Lieder spielt Wenn im Flecka dort wieder Fasnet isch Werrad älle ganz schön wild. 4. Narrenzunft Haigerloch Die Haigerlocher Narren, mit ihrer Bräutelstang Ihr steiler Omzugsbuckel, oh jesses isch der lang Ob Rottweiler, ob Stadtbutz, Bischöffle, Fledermaus Ja wir sagen Euch, ja wir sagen euch, ja ihr seid ein Augenschmaus. 5. Hexenzunft Obernheim Die Obernheimer Hexen sind jedermann bekannt und jeder aus dem Ort hat 5 Hexenhäs im Schrank Ihr seid die schönsten Hexen, das macht uns alle froh Moser, Wäschle, Gehring, Schnee und Co, alle schreien laut „OHO“. 6. Kübelesmarkt Bad Cannstatt Aus Cannstatt kommen Kübler ond au dr Brunne’goischt Nach 13 Gläsle „Zuckerle“ woisch nemme wie du hoischt Wenn sie ebbes it welled, no saget se „ha noi“ Ond an der Fasnet schreiet sie dann „Kübele Ahoi“. 7. Urzelnzunft Sachssenheim Im Norden unserer Landschaft nicht weit vom Karneval Verteidigen das Brauchtum mit dem Karpatschenknall Die Sachsenheimer Urzeln mit Ihrem Urzelnhäs Mit Drahtmaske und der großen Glocke über dem Gesäß. 8. Narrenzunft „Narrhalla“ Hechingen Die Hechinger Narrhalla mit der Lumpenkapell die spielen meistens langsam und trinket dafür schnell Vom Fuss des Hohenzoller ja da ist ihr Revier Alte, Schalksnarr, Butza ond Pestmännle Alle sind sie heute hier. 9. Narrenzunft Rottenburg Gar wunderschöne Narren aus Rottenburg am „Nil“ Bogges, Ahland, Pombele, Figuren ham se viel Stadthexa ham se Neune, ne Gräfin noch dazu, ja die regieren in der Fasnetzeit und Fanfaren spieln dazu. 10. Narrenzunft Wehingen Die Wehinger vom Heuberg – mit Pfhuswädel am Huar kennt man sie in der Landschaft und d’Fasnet steckt im Bluat Der Briaker und die Narren, der Pfhus des Harrasweib Narri-Narro, Narri-Narro singt mit uns ihr lieben Leut. 11. Narrenzunft Wilflingen Der Teufel und der Strohbär in Wilflingen bekannt Der Narr mit seinen Schellen und Federn in der Hand Vom Nachbarort geachtet ja fast sogar geliebt Oh wie ist das schön, oh wie ist das schön Dass es so was heut noch gibt. 12. Narrenzunft Schömberg Mit ihrer Polonaise ein schönes Bild fürwahr Blätzle, Fuchswadel und Warze geführt von dem Husar Auch der Fransennarr aus Schömberg wirklich alle imposant Drum sind sie auch weit übers Land hinaus bei allen Narren sehr bekannt.